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Weiterführende Optik mit Feynmans Zeigerformalismus

(Zusammenfassung)

 

Physik, Klassenstufen 11 bis 13

 

Dr. Christoph Grandt

1995


Vollständiger Titel der Staatsarbeit

„Weiterführende Optik mit Feynmans Zeigerformalismus. Ein didaktisches Konzept zur Einführung der Photonenoptik in der 13. Jahrgangsstufe eines Berliner Gymnasiums, unter besonderer Berücksichtigung von Reflexions- und Spaltphänomenen."

Begründung des neuartigen Ansatzes

Der Physiker Richard Feynman (1918-1988) hat mit seinem populärwissenschaftlichen Buch „QED – die seltsame Theorie des Lichts und der Materie" eindrucksvoll bewiesen, daß sich die moderne Theorie des Lichts auch dem Nichtfachmann erschließen läßt. Damit bietet sich die Gelegenheit, einen Teil der Gegenwartsphysik mit ihren interessanten Denkweisen in die Schulphysik zu integrieren, wo bisher nur die Physik der Jahrhundertwende unterrichtet wird. Für die SchülerInnen soll die Optik dadurch nicht komplizierter gemacht werden, als sie sowieso schon erscheint, sondern einfacher und durchschaubarer. Dies ist schließlich das Ziel einer jeden neuen Theorie.

Theoretischer Hintergrund

Der hier vorgestellte Ansatz zu einer neuen Optik fußt auf den Grundideen der Quantenelektrodynamik, ohne von ihrem komplizierten mathematischen Apparat Gebrauch zu machen. Es werden dabei weder die Wellenvorstellung, noch der sogenannte Welle-Teilchen-Dualismus bemüht. Es handelt sich vielmehr um eine Photonenoptik, die statistischer Natur ist und für die die Frage nach dem „wirklichen" Weg eines einzelnen Photons sinnlos ist. Sie kann die üblichen Phänomene der Optik höchst elegant erklären und gleichzeitig ohne logischen Bruch in die Quantenmechanik überleiten.

Vereinfacht lautet die Theorie Feynmans: Um zu berechnen, wieviele Photonen von A nach B laufen (Frage nach der Intensität), müssen alle möglichen Wege berücksichtigt werden, also auch Umwege und krummlinige. Nur heben sich die meisten Wege bei Berechnung gegenseitig auf, so daß schließlich nur noch diejenige Raumregion übrigbleibt, in dem sich der klassische „Lichtstrahl" befindet.

Die Berechnung geschieht mittels einer grafisch leicht zu veranschaulichenden Methode (dem Zeigerformalismus). Dazu wird jedem möglichen Lichtweg ein Vektor (die Wahrscheinlichkeitsamplitude) zugeordnet, der, abhängig von der Länge des Weges, in eine bestimmte Richtung zeigt. Die Gesamtintensität in B ergibt sich dann aus dem Quadrat der Summe der Wahrscheinlickeitsamplituden aller möglichen Wege. Je nachdem, was nun zwischen A und B geschoben wird (Gitter, Spalt, Linse usw.), können die entsprechenden optischen Phänomene erklärt bzw. exakt vorausgesagt werden.

Zusätzlich kann berücksichtigt werden, daß beim Durchgang bzw. bei Reflexion an Glas oder anderen Medien sich der Betrag der Wahrscheinlichkeitsamplituden um einen bestimmten Faktor verringert.

Formulierung der Leitfragen

Wie kann man den SchülerInnen optische Phänomene durch Feynmans Photonenoptik besser verständlich machen? Wie läßt sich Feynmans Photonenoptik für die Schule so aufbereiten, daß die SchülerInnen genügend praktische Übungs- bzw. Handlungsmöglichkeiten erhalten?

Rahmenbedingungen

Zielgruppe des Unterrichts können Grund- und Leistungskurse sein, u.U. auch die 11. Jahrgangsstufe (Optik). Erfahrungen liegen aus einem Leistungskurs 13 vor, in dem insgesamt 8 Stunden Feynmans Photonenoptik unterrichtet wurden. Die Einbettung in den Rahmenplan kann unter dem Stichwort Dualismus-Welle-Korpuskel erfolgen.

Die für die Schule viel zu komplizierten mathematischen Grundlagen der Quantenmechanik oder gar der Quantenelektrodynamik treten für die SchülerInnen nicht in Erscheinung. Auch der Lehrer muß sich darin nicht auskennen, aber er sollte, neben der Staatsarbeit, zumindest Feynmans Buch gelesen haben.

Über die Durchführung des Unterrichts

Man kann nicht erwarten, daß sich die Mehrheit der SchülerInnen allein von der „Schönheit" einer physikalischen Theorie begeistern läßt und daraus physikalisches Verständnis ableitet. Leitlinie des Unterrichts bilden deshalb zunächst optische Phänomene, die die SchülerInnen kennen (z.B. Reflexion an Scheiben). Die eigenen Erfahrungen der SchülerInnen stehen damit im Zentrum. Diese müssen nun durch die neue Theorie (Photonen statt Wellen!) neu interpretiert werden. Es gelingt schließlich, und die SchülerInnen sehen bekannte Phänomene plötzlich in einem völlig anderen Licht, d.h. sie „verstehen" die eigenen Erfahrungen neu — ein für sie sehr anregender Lernprozeß.

Nachdem die Theorie sicher sitzt, wird der umgekehrte Weg beschritten: Die Theorie wird befragt, und die Rechnungen der SchülerInnen zwingen sie dazu, optische Voraussagen zu machen, die absurd erscheinen. Eine Überprüfung durch das Experiment zeigt jedoch, daß sich die Natur genau so verhält wie vorhergesagt. Durch diese positive Rückmeldung ergibt sich das Gefühl, verstanden zu haben, wie die Natur „funktioniert".

Übungsmöglichkeiten ergeben sich sowohl aus den Experimenten (im wesentlichen den üblichen Experimente der Optik) als auch aus der Theorie (insbesondere dem Zeigerformalismus). Zusätzlich kann der Computer für Simulationen eingesetzt werden, denn es gibt bereits entsprechende Programme, die auf der Photonenoptik beruhen.

Übungen zur Theorie können zu zwei großen Themenbereichen angeboten werden: Zum einen zur Phasenbetrachtung, wobei die SchülerInnen den aus den veschiedenen Wahrscheinlichkeitsmplituden resultierenden Vektor, aus dem sich schließlich die Intensität ergibt, graphisch konstruieren können. Zum anderen können sie, wenn es um Mehrfachreflexionen geht, Amplitudenbetrachtungen anstellen, die bis in den Bereich der höheren Mathematik gehen, nämlich in das Folgen- und Reihenkalkül. Insgesamt wird damit sowohl dem geometrisch-zeichnerisch, als auch dem eher analytisch-rechnerisch veranlagten Schüler etwas geboten.

Reflexion des Unterrichtsvorhabens

Auf einem Fragebogen nach der Unterrichtsreihe machten die SchülerInnen einhellig drei Aussagen: (1) „Ich finde die Feynmann-Theorie eigentlich einfach", (2) „Die Feynman-Optik ist anschaulicher als die Wellenoptik", (3) „Ich habe ein Gefühl dafür bekommen, wie die Natur funktioniert".

Im Lichte dieser Aussagen war die Einführung der Photonenoptik ein Erfolg. Auch unter Berücksichtigung der Übungsergebnisse erscheint es möglich, die Photonenoptik Feynmans in der Oberstufe eines Gymnasiums zu unterrichten. Im Vergleich mit den Noten aus dem vorherigen traditionellen Physikunterricht sind die Leistungen der einzelnen Schüler genau gleich geblieben. In wieweit sich das Thema auch für längere Unterrichtssequenzen mit entsprechenden Leistungskontrollen eignet, wurde nicht untersucht, erscheint aber mit einer entsprechenden Ausdehnung mathematischer Aspekte möglich.

Insgesamt wurde die Erfahrung gemacht, daß junge Menschen außergewöhnlich unvoreingenommen und tolerant die seltsamen Spielregeln der Natur akzeptieren und sich zu eigen machen. Ob eine Theorie als „einfach" empfunden wird, hängt für sie nicht von ihren philosophischen Tücken ab, sondern eher davon, ob die entsprechende Mathematik leicht zu beherrschen ist. Auch hier bildet also Feynmans Ansatz keine Ausnahme unter den Themen der Schulphysik.

Dr. Christoph Grandt

 

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